Von Bischkek zum Issykkul: Gastbeitrag

Hier ist ein Gastbeitrag von meinem Freund und Exkollegen Rashid. Er hat uns in Kirgistan besucht, hier sind seine Eindrücke. Weiter unten im Artikel gibt es eine Fotogallerie mit tollen Bildern, Rashid ist leidenschaftlicher Hobbyfotograf.

Ziel: der vielseitige Yssykul in Kirgistan

Canyons, atemberaubende Berglandschaften, Wüsten, Bergseen, tiefe Täler, endlose Steppe, Felszeichnungen, Tannenwälder. Und aufgeschlossene Menschen, eine spannende Geschichte und Kultur. Wenn es auf dieser Welt noch unterbewertete Reiseziele gibt, ist in meinen Augen die Yssykul-Region in Kirgistan eines davon. Dass das so ist, mag bei uns Westlern vor allem an der Sprachbarriere liegen – nur sehr wenige sprechen hier Englisch, Geschriebenes ist bis auf absolute Ausnahmen in Kyrillisch. Auch die Infrastruktur entspricht nicht jener der für die meisten Touristen üblichen Reiseziele. Wenn es hier Touristen gibt, sind sie meist Kasachen oder Russen. Aus Europa und Nordamerika finden nur wenige entdeckungsfreudige Backpacker auf Rundreise durch Zentralasien hier her. Doch allein die Region um den Yssykul, Kirgistans großem Bergsee im Tien-Shan-Gebirge, ist definitiv eine Reise wert.
Was man am Yssykul genau alles sehen kann, wird in diesem Blog schon ausführlich an anderer Stelle beschrieben. Ich möchte euch schildern, wie ihr am besten an den Yssykul kommt – zumindest, wie es bei mir ganz gut geklappt hat.
Übrigens empfehle ich euch als Reisezeit Anfang September. Das ist kurz vor Ende der Saison am Yssykul, das Klima ist angenehm, es ist noch ruhiger als sonst und das Laub beginnt sich zu färben.

Herbst in Kirgistan

Herbst in Kirgistan

Vorbereitung: Russisch und Rucksack
Keine Sorge, ihr müsst keinen wochenlangen Russischkurs belegen, auch wenn der sicherlich nicht schadet. Es hilft aber ungemein, etwas kyrillisch lesen zu können, insbesondere für die Orientierung. Das ist wirklich schneller gelernt als gedacht. Und ein paar Vokabeln solltet ihr auch beherrschen, um eure Anliegen zu formulieren zu können; Bitte, Danke, was kostet das, und so weiter. Eine sinnvolle Übersicht findet ihr hier. Druckt euch diese am besten aus und nehmt sie mit. Die Kirgisen, die ich angesprochen und kennengelernt habe, waren dermaßen hilfsbereit und geduldig, dass man sich schon irgendwie verstanden hat. Oder es wurde eben jemand gesucht, der ein paar Brocken Englisch spricht. Übrigens, bevor ihr am Zahlenlernen und –verstehen verzweifelt: Nehmt einen Stift und einen Block mit und lasst euch Beträge aufschreiben. Oder ihr lasst sie ins Handy tippen.
Mit Blick auf Gelände und Infrastruktur empfehle ich euch einen Reiserucksack. Was ihr einpacken solltet: Der Yssykul liegt auf 1.600 Metern Höhe und das Klima ist kontinental – die Nächte also kalt, die Tage heiß. Zudem wollt ihr sicher auch ins Gebirge und am See baden. Nehmt also Wanderstiefel (sehr wichtig!), eine Funktionsjacke und Badesachen sowie Bekleidung für 0°C bis 30°C mit. Wasserfeste Sonnencreme ist aber in jedem Fall ein Muss! Keinesfalls sollte man, selbst im September, die Höhensonne unterschätzen. Sonnencreme kann man aber auch vor Ort erwerben. Ich persönlich habe gerne, selbst im Hotel, eigene Badeschlappen. Auch die kann man dort kaufen. Zudem sinnvoll: ein kleines Erste-Hilfe-Päckchen, Desinfektionstücher und eine kleine Taschenlampe. Auch ein Taschenmesser hatte ich dabei.

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Ankunft und Einreise: Der Flughafen und Bischkek

Für deutsche Staatsbürger ist die Einreise nach Kirgistan absolut unproblematisch. Für Aufenthalte unter 60 Tagen benötigt man nicht einmal ein Visum (Stand: September 2014, keine Gewähr, bitte vergewissert euch auf jeden Fall noch einmal selbst auf www.auswaertiges-amt.de oder bei der für euch zuständigen kirgisischen Auslandsvertretung). Bitte prüft auch noch einmal, dass euer Reisepass noch mindestens so lange gültig ist. Auch da: Im Zweifelsfall noch einmal abklären.

Geflogen bin ich mit Turkish Airlines über Istandbul nach Bischkek Manas Airport. Angenehme Reise. Außerdem steuern noch die Aero Flot und eine Handvoll weitere Fluggesellschaften den Hauptstadtflughafen an. Sehr günstige Flüge gibt es bei Pegasus Airline, einem türkischen Billigflieger, allerdings nur mit Zwischenlandung in Istanbul.




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Der ist sehr überschaubar. Dennoch schon einmal vorweg für die Rückreise: Die Abflughalle ist im ersten Obergeschoss. Ist nicht besonders gut ausgeschildert. Sehr angenehm dagegen: Es gibt kostenloses W-LAN. Ein freundliches Lächeln der Grenzpolizistin, einen Blick in meinen Pass und einen Stempel später war ich dann in Kirgistan.
Ihr solltet direkt am Flughafen noch Euro in kirgisische SOM tauschen. Das benötigt ihr fürs Taxi nach Bischkek. Das ging bei mir problemlos auch um 03:30 Uhr in der Nacht. Ich empfehle zum Start mal 200 Euro zu tauschen. Mit Kreditkarte lassen sich zudem an den meisten Geldautomaten SOM abheben. EC-Karten werden nur extrem selten akzeptiert, darauf würde ich mich nicht verlassen. Zahlungsmittel der Wahl ist grundsätzlich Bargeld, Kartenzahlungen sind eher unüblich und selten möglich.
Als ich in die Ankunftshalle gekommen bin, wurde ich regelrecht mit Taxi-Angeboten überfallen. Das sind nicht unbedingt die Taxifahrer selbst, sondern „Vermittler“, die von den Fahrern eine Provision erhalten. Klar, dass die dann die Preisvorstellungen erst einmal ganz weit oben ansetzen. Für die 30 Kilometer lange Fahrt in die Stadt würde ich nicht mehr als 500 bis 600 SOM bezahlen, also etwa acht Euro (September 2014, bitte Wechselkurs und Teuerungsrate beachten).

Zwischenstopp in Bischkek

Wie’s dann weitergeht liegt an euch: entweder erst einmal ins Hotel oder gleich zum Autobusbahnhof (ausgesprochen: „Sapatni Avtowagsal“, geschrieben: Западный Автовокзал), Adresse ist die Tschimkentskaya 1. Da ich mitten in der Nacht angekommen bin, habe ich erst einmal in Bischkek übernachtet und bin am Folgetag weitergereist. Bischkek habe ich mir auf dem Rückweg angesehen. In Sachen Übernachtungsmöglichkeiten ist das Spektrum sehr breit: vom kleinen Hostel, in dem man schon für wenige Euro schlafen kann bis zum Fünf-Sterne-Hotel Hyatt Regency, in dem die Nacht etwa 200 Euro kostet, findet sich in Bischkek alles. Einen guten Überblick bieten auch hier die internationalen Hotelbuchungsseiten (HRS, booking.com, etc.). Ich selbst bin im Goying abgestiegen (keine Internetseite, Tel.: +996 312992130), einem Hotel eigentlich von Chinesen für Chinesen. Die Nacht kostet hier 2500 SOM (September 2014, etwa 35 Euro), die Zimmer sind riesig, das Personal nett und zuvorkommend. Allerdings ist das Hotel samt Ausstattung ziemlich in die Jahre gekommen und abgewohnt. Wie gesagt, werft besser mal einen Blick in die Bewertungen der Vergleichsportale.

Reiterstatue in Bischkek

Reiterstatue in Bischkek

Weiterreise an den Yssykul: Cholpon-Ata (Tscholponata)

Am schönsten ist, auch weil das Gebiet noch wenig erschlossen ist, das Südufer des Yssykul. Nichtsdestotrotz: Zum Wohnen und als Startpunkt für die Erkundungstouren bietet sich die kleine Stadt Cholpon-Ata (gesprochen: Tscholponata, geschrieben: Чолпоната) am Nordufer an. Cholpon-Ata hat ca. 12.000 Einwohner und wurde zu Sowjetzeiten zum Erholungsgebiet ausgebaut. Deshalb finden sich auch heute noch hier Übernachtungsmöglichkeiten, ein schöner und zugänglicher Strand und eine vergleichsweise gute Infrastruktur mit Einkaufsmöglichkeiten.
Vom Busbahnhof in Bischkek (ausgesprochen: „Sapatni Avtowagsal“, geschrieben: Западный Автовокзал) fahren regelmäßig sowohl Kleinbusse als auch Sammeltaxis nach Cholpon-Ata. Zum Busbahnhof kommt ihr am besten mit dem Taxi, den kennt wirklich jeder Taxifahrer. Für die Fahrt dorthin müsst ihr, je nach Distanz etwa 150 bis 200 SOM rechnen (September 2014, etwa zwei bis drei Euro). Die Fahrt nach Cholpon-Ata dauert dann etwa drei bis vier Stunden, geht über etwa 250 Kilometer und kostet pro Person üblicherweise 350 SOM (September 2014, etwa fünf Euro). Wenn ihr ein eigenes Taxi nehmen wollt, ist das natürlich auch möglich. Rechnet dann mit etwa 2000 SOM bis 3000 SOM (September 2014, 30 bis 45 Euro).
Die Route von Bischkek nach Cholpon-Ata gibt euch übrigens schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf das, was euch landschaftlich am Yssykul erwartet: die leeren Weiten gehen langsam in eine beeindruckende Berglandschaft über. Nach etwa 180 Kilometern breitet sich dann der Yssykul vor euch aus. Den fahrt ihr bis Cholpon-Ata entlang, zur Rechten der See, zur Linken die Ebene des Yssykul und dahinter das Gebirgsmassiv des Tien-Shan.

Straße zwischen Bischkek und Tscholponata

Straße zwischen Bischkek und Tscholponata

Eine Anmerkung zum Fahrstil: der ist gerne flott und mutig, es sei denn, man kommt gerade an einer der diversen Polizeikontrollen vorbei. Wem das nicht behagt, der sollte seinen Ausländerbonus ausspielen und freundlich aber bestimmt um Mäßigung bitten: „Paschalusta, Prajechat tschut medlenje“ (Пожалуйста, проехать чуть медленнее).
Choplon-Ata: Unterkunft und Expeditionen
In Cholpon-Ata gibt es mehrere Hotels, Luxusbunker wird man allerdings vergeblich suchen. Hier war ich im Babylon (gesprochen: Vavylon): eine schöne, kleine Hotelanlage direkt östlich neben dem „Sanatorium Galluboi Yssykul“, letzteres kennt in Cholpon-Ata jeder. Im Babylon kostet ein großes Zimmer mit großzügigem Balkon 1.800 SOM (September 2014, etwa 27 Euro). Auch toll am Babylon: zum öffentlichen Strand sind es zu Fuß gerade einmal ein paar hundert Meter.
In Cholpon-Ata selbst lohnt sich ein Besuch im Museum der Stadt (direkt neben dem Hauptplatz). Expeditionen werden direkt an der Straße angeboten. Hier stehen verkaufstüchtige Ansprechpartner neben Plakatwänden mit Fotos der Attraktionen. Aber auch in den meisten Hotels können diese gebucht werden. Die Preise reichen pro Person von deutlich unter 1.000 SOM für Tagesausflüge bis 3.000 SOM (September 2014, 15 Euro bis 45 Euro) für mehrtägige Expeditionen.
Hier mehr zum Issykkul und Tscholponata: Das beste Angebot finden, Preise vergleichen und Reisebewertungen auf TripAdvisor lesen

Was man halt beachten sollte

Für mich hat sich die Reise an den Yssykul unglaublich gelohnt. Allein landschaftlich hat mich die Region überwältigt. Nur: wer hierher kommt, muss sich im Klaren darüber sein, dass er hier andere Standards vorfindet, auch im Vergleich zu vielen anderen Reiseländern. Das gilt unter anderem für die Hygiene in öffentlichen sanitären Einrichtungen, die medizinische Versorgung, die Leitungswasserqualität bis hin zum Zustand der Verkehrsmittel in denen man unterwegs ist. Trinkwasser würde ich persönlich immer in Flaschen kaufen und auch zum Zähneputzen verwenden.
Was Kultur und öffentlicher Umgang angeht: Kirgisen sind in der Mehrheit Muslime. Gelebt wird ein sehr liberaler, aufgeschlossener Islam, vor allem im Norden des Landes, in dem auch die Yssykul-Region liegt. Alkoholische Getränke, insbesondere Bier, Wodka und kirgisischer Cognac, gehören zum gesellschaftlichen Leben. Auch was den Kleidungsstil und das Verhalten in der Öffentlichkeit angeht, muss man sich keine Gedanken machen, wenn man sich an das hält, was auch in Europa angemessen ist. Selbstredend ist das natürlich anders, wenn man sich in einer religiösen Einrichtung, ob Moschee oder Kirche, befindet. Hier sind besonderer Respekt und Rücksichtnahme gefragt. So kann man entspannt seine Reise genießen.

Zurück nach Bischkek

Park in Bischkek

Park in Bischkek

Zusammen mit Aika und Uli, die ich in Cholpon-Ata getroffen habe, bin ich mit einem Taxi zurück nach Bischkek gefahren. Gekostet hat das für uns drei zusammen 2.000 SOM (September 2014, etwa 30 Euro). Ich muss zugeben, dass ich einen Großteil der Strecke geschlafen habe. Das Wandern in der Höhenluft auf teilweise über 4.000 Metern, und die Vielzahl von Eindrücken haben mich geschafft, trotz Erholung am Strand. Die Reise haben wir dann gemütlich in Bischkek ausklingen lassen. Ein Urlaub, den ich so schnell nicht vergessen werde!

2 comments

  • Thomas

    Habt Ihr auch mal irgendwo Wölfe gesehen?

    • Uli

      Nein, obwohl es die irgendwo hier auch gibt. Und bären und sogar Schneeleoparden. Wir sind aber einmal bei einer Wanderung vor nem Rudel Hunden geflohen. Ich weiß nicht, obs wirklich gefährlich war, aber wir gingen auf Nummer sicher

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